Allgemein
Rezension zu „geHÄUSe“ auf zaesur.poesiekritik
Ursula Seeger und ich freuen uns sehr, dass Regina Menke eine schöne und ausführliche Rezension zu unserem lyrisch-grafischen Band „geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ geschrieben hat, die nun auf zaesur.poesiekritik erschienen ist:
https://www.zaesur-poesiekritik.de/beitraege/wir-einraeumigen-wir-verkammerten

„wir Einräumigen / wir Verkammerten“
Zu geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds von Johann Reißer und Ursula Seeger
geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds, heißen die „lyrisch-grafischen Berlin-Konglomerate“ von Johann Reißer und Ursula Seeger. Die 2024 im vauvau-verlag erschienene Sammlung vereint Fotografien, grafisch gestaltete Collagen, Monoprints, Sammlungen von Recherchematerialien und (teils visuelle) Gedichte.
Ein Blick ins Grimmsche Wörterbuch offenbart die erstaunlich facettenreiche semantische Geschichte des Wortes Gehäuse. Es war zunächst sowohl als Substantiv als auch als Adjektiv gebräuchlich; konnte einerseits „mitwohnend, in demselben hause“ bedeuten, andererseits eine Gesamtheit von Hausbewohnern, später auch eine Gesamtheit von Häusern bezeichnen („und geschach groszer schaden in dem jahr an früchten, wein und geheus“, heißt es z. B. in einer Wetterchronik aus dem 17. Jhdt.).
Die Bedeutungsdimension von Gehäusen als „wohnungen der thiere“ ist im Grimmschen Wörterbuch eigens verzeichnet, ebenso die Bedeutung als „Schutzbehälter“, die bis ins 14. Jhdt. zurückreicht: Ein Gehäuse kann Uhrwerke und Werkzeuge, als „Kerngehäuse“ aber auch die Samen einer Frucht schützen. Ein Untereintrag trägt den wundersamen Titel „vom körper als dem behälter des geistes, mechanisch gedacht“. Interessant sind auch adjektivische Derivate wie gehäusig (definiert als „mit Gehäuse umgeben“) und ungehiuse (definiert als „hauslos“) – als ließe sich mit dem Wort und seinen Derivaten eine ganze existentielle Spannweite von „eingeschlossen“ bis „schutzlos“ formulieren.[i]
Dieses Geflecht aus sozialen, architektonischen, natürlichen und metaphorischen Ebenen bildet den Resonanzraum für geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds. Etwa fünf Jahre lang haben Ursula Seeger und Johann Reißer für dieses Projekt recherchiert und an der Ausarbeitung des Bandes gearbeitet. Sie nahmen die Natur- und Architekturgeschichte der Stadt Berlin in den Blick, um anhand dieses ganz spezifischen Raums nach Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen menschlichen, menschengemachten und nichtmenschlichen Gehäusen zu fragen.
Der Aufbau des Bandes ist relativ klar: Den zwölf Kapiteln sind jeweils zwei Stichworte zugeordnet, die sich sowohl auf menschliche als auch auf nicht-menschliche Architekturen beziehen lassen; sie heißen etwa „Zellen / Kerne“, „Putz / Masken“, oder „Blasen / Wolken“. Jedem Kapitel ist ein im Monoprintverfahren entstandenes, kachelartiges Objekt zugeordnet, das an einen archäologischen Fund erinnert:

Die Kapitel beginnen jeweils mit einem die Titelstichworte umkreisenden poetischen Notat, das, von einem Interrogativ- oder Pronominaladverb eingeleitet, eine Art „Vorschau“ auf das Kapitel geben soll. So heißt es etwa zu Beginn des ersten Kapitels („Zellen / Kerne“):
Womit sich unsere Gehäuse begründen : sich absondern vom
Außen, Räume erzeugen : mit Wänden und Membranen, mit
Türen, Fenstern, Poren : verfugt, verschlossen, halbdurchlässig :
als Grundlegung : womit unsere Einhausung beginnt :
Darauf folgt das jeweilige Kapitel mit Gedichten, die teils klassisch in Verse und Strophen gesetzt, teils visuell (etwa als Figurengedichte) gestaltet sind – ergänzt durch grafische Kompositionen, Fotografien und Fotocollagen. In einigen Fällen ist der Text direkt in die Bildcollagen integriert. Jedem Kapitel ist eine Art Anhang mit dem Titel „Nachlese / Sedimente“ nachgestellt, in dem Fakten und Konzepte erläutert werden, die einen Recherchehintergrund für die Gedichte bilden. Die kurzen Essays auf diesen Seiten sind jeweils mit einem Seitenverweis versehen, jedoch oft mit Begriffen überschrieben, die in den Gedichten selbst nicht explizit vorkommen. Der Anspruch der Autorïnnen, verschiedene, auch historische, Perspektiven auf Berliner Gehäuse zu eröffnen, in denen sich natur- und kulturwissenschaftliche Aspekte verschränken, zeigt sich in diesen Materialien besonders deutlich.
Am Ende des Bandes befindet sich sowohl ein Verzeichnis der im Band vorkommenden „Gebäude, Komplexe und Areale“ als auch eines der „Lebewesen und Baumeister“.
Das Material, das in diesen relativ stabilen konzeptuellen Rahmen hineingetragen wird, ist äußerst heterogen: Begriffssammlungen und (teils fiktive) Stammbäume oder Taxonomien(etwa von Möbelarten und Stuckwesen) reihen sich an Figurengedichte, gekippte und gedrehte Elemente erfordern ein ständiges, ganz haptisches Wechseln der Leserichtung. Neben immer wieder auch in klassische Verse gesetzten Gedichten finden sich Seiten, auf denen die Verse und Strophen so verteilt sind, dass sie frei miteinander kombinierbar werden, außerdem ein Erasure- und ein Codegedicht. Der graphische Teil des Bandes, der mit dem textlichen verschlungen ist, versammelt u. a. kartographisches Material, (historische) Fotografien von Gebäuden und Detailaufnahmen von natürlichen Strukturen. Bei letzteren erscheint mir besonders interessant, dass sie teilweise eine geradezu unheimliche Dimension annehmen – als fände die von Sigmund Freud formulierte Beobachtung, dass das Wort „heimlich“ (eben auch: „zum Hause gehörig“) in einer bestimmten semantischen Facette mit der Bedeutung des Wortes „unheimlich“ zusammenfällt, hier ein anschauliches Beispiel.[ii]
Das als Textsubjekt präsente „wir“ bleibt fluide und kann an einigen Stellen als „wir Menschen“, an anderen als „wir Menschen und Tiere“, größtenteils aber als „wir organischen und anorganischen Strukturen“ gelesen werden; in dieser Bedeutung wird es auch in einer doppelseitigen, mit „wir Häuser / wir Körper“ überschriebenen Begriffssammlung im 1. Kapitel eingeführt. Ein wenig wie ein roter Faden zieht sich eine als „unser Haus“ bezeichnete Figur durch den Text, die zwischen Materialität und Imagination oszilliert. Dieses „Haus“ erscheint mal als passive Figur, in der sich äußere Umstände niederschlagen, mal als etwas, das vom „wir“ des Textes geformt wird:
In unser Haus bauen wir ein Haus,
und in dieses ein Bild von einem Haus,
das auf ein anderes blickt.
Oft jedoch erscheint das „Haus“ als ein Objekt mit eigenem Willen, das sich nicht festlegen oder einfangen lässt – auf einer der letzten Seiten des Bandes, in dem Kapitel „Blasen / Wolken“, heißt es etwa:
Unser Haus will anders werden.
Es will sich lösen, will schweben.
Von Steinen, Erde ganz befreit
will unser Haus Wolke werden,
ein Heer von Vektoren und Faktoren,
von Zahlen und Rotationen,
eine Formation von Prognosen.
Was mich an dem Band beeindruckt, sind die Materialfülle und die Vielzahl der Perspektiven, die auf die Frage eingenommen werden, wie sich verschiedene Gehäuse zueinander verhalten. Ausgangspunkt für das Projekt, erzählt Johann Reißer in einem Vortrag im Rahmen eines Symposiums des Vereins Berliner Künstler, war ein Besuch des Kalksteinbruchs in Rüdersdorf bei Berlin.[iii] Kalkstein, erfahren wir in dem Kapitel „Schichten / Lagen“, ist der Hauptbestandteil von Beton und entsteht durch die Ablagerung von kalkhaltigen Überresten mariner Organismen wie Muscheln und Schnecken über geologische Zeiträume. Diese Ablagerungen verfestigen sich zu Gestein, das dann für die Zementherstellung abgebaut und zu Beton weiterverarbeitet wird. Ein Großteil des in Berlin verbauten Betons enthält Rüdersdorfer Kalk. Die in diesem Beispiel aufscheinenden Verschränkungen von alten und jungen, natürlichen und kulturellen, großen und kleinen Gehäusen markieren eine der zentralen Spuren, denen Reißer und Seeger in ihrem Band folgen. Der mit „Muscheln und Brand“ überschriebene Kurzessay, der Informationen zum Kalksteinbruch in Rüdersdorf und dessen Verbindung zu Berliner Bauten liefert, ist zugleich ein Beispiel für die Art der Texte, die den einzelnen Kapiteln im Rahmen der Materialsammlungen nachgestellt sind.
Diese kurzen informativen Texte finden das Poetische in konkreten realen Begebenheiten und den Fachsprachen verschiedener Disziplinen: So wird etwa angeführt, dass die vermutlich vor 3,5 Milliarden Jahren existierenden Vorläufer allen heutigen Lebens die Fähigkeit besaßen, sich mit einer schützenden Hülle vor ungünstigen Umwelteinflüssen zu wappnen; dass Steine und Blöcke, die auf Wiesen oder Äckern liegen und keine Verbindung zum anstehenden Gestein haben, „Lesesteine“ genannt werden; oder dass die zwei Borkenkäferarten, die Fichten in Deutschland befallen, „Buchdrucker“ und „Kupferstecher“ heißen. Gerade die sich auf konkrete Orte in Berlin beziehenden Texte scheinen sich manchmal wie Einträge eines Reiseführers zu lesen und auch als solche verwenden zu lassen.
Während die Recherchematerialien verlässlich und faktisch wirken, zeigt sich im Hauptteil der Kapitel eine Lust am Erfinden und Spekulieren, ein Spiel mit den Grenzen von Fakt und Fiktion sowie das Vermischen visuellen und terminologischen Materials aus der Wissenschaft mit Material aus anderen Kontexten. So schleichen sich Neologismen wie „wir Verkammerten“ oder „wir Fensteräugigen“ in zunächst sehr fachsprachlich anmutende Begriffssammlungen, und ein „Stammbaum der Möbel“ aus dem 19. Jhdt. wird in die Gegenwart weitergesponnen. Dabei wird neben einem „Smartbett“ als Nachkomme des „Bettes“ auch ein „Staatssekretär“ als Nachkomme des „Sekretärs“ genannt. Ein Beispiel für die Störung einer klassifikatorischen Ordnung auf graphischer Ebene ist das folgende kartographische Raster, das über einen mit Flechte bedeckten Stein gelegt wurde:

Die hier eingesetzten Verfahren stehen in der Tradition eines Denkens, das im Anthropozän die Destabilisierung von Blickregimen und Erkenntnisordnungen für notwendig hält. Während eine solche Destabilisierung eines der zentralen Anliegen des Bandes zu sein scheint, stellt sich mir bei einigen Gedichten die Frage, ob sich in das an sich bewegliche „Gehäuse“ des Bandes auch eine Sehnsucht nach Festigkeit eingeschlichen hat – eine Sehnsucht, die sich mal in einem subtilen moralischen Unterton, mal in der Verwendung relativ allgemeiner Begriffe äußert und mich manchmal ein wenig ratlos zurücklässt. So beginnt etwa das Gedicht „Ausbreitungen“ aus dem Kapitel „Verbände / Matten“:
Hier ein Kern, dort hinten: weitere.
Verschiedene Arten des Wachsens,
die auseinanderstreben,
tastend in mögliche Richtungen,
sich modulieren in eigene Formen.
Rhythmen verschieben,
schweben, verbinden sich
unter Pochen und Puckern,
Hämmern und Vibrieren.
Neben dem schillernden Recherchematerial gelesen, wirkt das fast überraschend träge. An einigen Stellen frage ich mich, ob eine engere Verzahnung von Recherche und lyrischem Text nicht zu einer intensiveren Durchdringung hätte führen, die Membran zwischen Informationen und künstlerischer Verarbeitung noch durchlässiger hätte sein können. Je intensiver die Gedichte mit ihrem Bezugsmaterial arbeiten, etwa in Form der fiktiv erweiterten Begriffssammlungen oder dem Erasure-Gedicht, desto stärker affiziert ihre Ästhetik. Die Überlegungen, die sich hier anschließen, lassen sich, so glaube ich, in den Kontext breiterer Fragen zur Dokumentation einer künstlerischen Forschung stellen:
Wie lassen sich Erkenntnisse aus Rechercheprozessen in literarischen Texten so verarbeiten, dass weder der Eigensinn der Sprache verloren geht noch der künstlerische Zugang bloß illustrierend wirkt? Wie können künstlerische und recherchebasierte Elemente so verbunden werden, dass sie nicht jeweils gänzlich unterschiedliche Rezeptionsmodi erfordern? Diese Fragen kommen jedoch keineswegs bei allen Texten des Bandes auf, und sie erscheinen mir weniger als ein Makel denn als ein Anlass zum Weiterdenken. geHÄUSe ist eine Einladung, der ontologischen Grundkonstante der Kammern und Hüllen, aus denen „wir uns“ zusammensetzen und die „uns“ umgeben, mehr Beachtung zu schenken. Dabei faltet der Band unzählige ineinander verschachtelte Räume auf, sodass die Lektüre auch immer wieder eine subtile Verschiebung im Blick auf die Welt bewirkt.
Johann Reißer und Ursula Seeger: geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds. Gestaltet von Ursula Seeger und Johann Reißer mit Unterstützung von Alexandra Schepelmann. vauvau-verlag, Berlin 2024. 256 S., Hardcover mit Prägedruck, 37,50,– €.
Anmerkungen:
[i] Vgl. die Einträge „GEHAUS, gehause, gehäuse“, „GEHÄUSE, gehäus“ und „GEHÄUSIG“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/23, Wörterbuchnetz, zuletzt abgerufen am 31.03.2025. Das Material ist hier stark gerafft dargestellt, ich bitte dadurch entstandene Unschärfen zu entschuldigen.
[ii] Vgl. Sigmund Freud, „Das Unheimliche“, in: ders.: Gesammelte Werke, hrsg. v. Anna Freud u. a., Bd. 12, 3. Auflage, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1966, S. 229-268.
[iii] Johann Reißer, „Shells and loops – on human and more than human architecture”, Vortrag im Rahmen des Symposiums Augmented Realities in the Anthropocene am 9. November 2024 im Verein Berliner Künstler, (108) Symposium Artistic Research (3/8) Shells and Loops „geHäuse“ Dr. Johann Reißer – YouTube, zuletzt abgerufen am 31.03.2025.
Regina Menke studierte Philosophie in Hildesheim und Poznań sowie Literarisches Schreiben (Sprachkunst) in Wien. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien, zuletzt in Literatur und Kritik und Sprache im technischen Zeitalter. Für ihre Gedichte und Essays erhielt sie 2024 einen Förderpreis der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit e.V. sowie 2025 ein Stipendium der Akademie der Künste für die Villa Serpentara in Olevano Romano.
geHÄUSe auf der Leipziger Buchmesse Lyrikbuchhandlung
Am Freitag, 28.3.2025, lasen Ursula Seeger und ich im Rahmen der Leipziger Buchmesse aus unserem lyrisch-grafischen Band „geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ – und zwar in der wunderbaren LYRIKBUCHHANDLUNG.






Vielen Dank an die Organisator*innen sowie an Elvira Steppacher und Sophia Klink fürs Fotografieren!
Shells and loops – on human and more than human architecture
Die Videoaufzeichnungen des Symposiums „Augmented Realities in the Anthropocene“, das am 9. November 2024 im Verein Berliner Künstler stattfand, sind online.
Hier mein Vortrag „Shells and loops – on human and more than human architecture„.
Zudem beteiligte ich mich an der Paneldiskussion zu aktuellen Positionen zwischen künstlerischer Praxis und Forschung im Anthropozän, gemeinsam mit Silke Bartsch, Susanne Heiter und Sabine Schneider. Die Moderation übernahm Axel Berg.
Vielen Dank an Matthias Leeck für die Organisation des Symposiums und für die Bearbeitung der Videoaufzeichnungen, sowie an ihn, Silke Bartsch und den Verein Berliner Künstler für die Organisation der Ausstellung.
Weitere Informationen zum Symposium und zur Ausstellung unter https://vbk-art.de/augmented-reality-2/
geHÄUSe in Ausstellung in der Stabi
Ursula Seeger und ich freuen uns, dass unser lyrisch-grafischer Band „geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ in einer Ausstellung zu Visueller und Konkreter Poesie in der Leselounge der Staatsbibliothek Berlin am Potsdamer Platz ausgestellt wird – neben vielen weiteren spannenden Büchern zu diesen Feldern.
Die Ausstellung kann noch bis zum 20. März 2025 besucht werden.
Weitere Infos dazu hier: https://blog.sbb.berlin/termin/ll-konrete-poesie/



Paesaggi selvatici di Berlino – Wilde Landschaften Berlins
Ursula Seeger und ich freuen uns sehr über den schönen Artikel „Paesaggi Selvatici di Berlino“ (Wilde Landschaften Berlins) von Daniela Maurizi zu unserem Buch „geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ sowie die Übersetzung von sechs Gedichten aus dem Band. Der Aritkel und die Übersetzung sind soeben in der Literatur- und Kunstzeitschrift „Morel – Voci dall’Isola“ erschienen.

Hier Auszüge aus dem Artikel (in deutscher Übersetzung):
„Geburten, Schichtungen, menschliche und nicht-menschliche Erinnerungen
Die menschlichen Landschaften sind untrennbar mit der städtischen Natur verwoben, die keineswegs unbeweglich und domestiziert ist, sondern sich an Ort und Stelle einmischt und formt. So hat sich Berlin, eine von der Geschichte durchzogene und verwundete, zerstörte und wieder aufgebaute, geteilte und wiedervereinigte Stadt, im Laufe der Jahrzehnte zu einem einzigartigen und emblematischen Szenario der Metamorphose entwickelt.
Im Einklang mit der Idee, den Gegensatz Natur-Kultur zu überwinden, erforschen und untersuchen Ursula Seeger und Johann Reißer (…) die großen physischen Veränderungen in der Stadt.
In ihrem lyrisch-grafischen Projekt „geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ lassen sie ihren aufmerksamen Blick über die Architektur der Stadt schweifen (…). In zwölf Kapiteln entwickeln Reißer und Seeger das komplexe Zusammenspiel, die Verklammerung und Verschmelzung mehrerer geschichteter Essenzen: Ausgehend vom Gestein und seinem irdischen Gedächtnis und dem nicht-menschlichen Leben der Pflanzen und Tiere im ununterbrochenen Austausch mit dem menschlichen, werden wir Zeuge der Geburt, der Schichtung, des Aufsteigens, des Festwerdens, der Teilnahme an gemeinsamen Metamorphosen, der Auflösung der architektonischen Komplexe des städtischen Lebens.
(…) Wenn wir bewohnen, wenn wir uns niederlassen, verwandelt sich auch das Unsichtbare, die Stille ist keine Stille, sondern ein fernes Echo vergangener Zeiten, die Wand ist eine Haut, die Sprache ist eine Haut, die die Grenzen der Orientierungslosigkeit des Individuums erforscht, das nicht mehr im Zentrum der Schöpfung steht.
Wenn Architektur und Stadt also nicht nur ein menschliches Faktum sind, nimmt auch die Geschichte schräge Konnotationen an, die sich von der Zentralität unserer Erfahrung entfernen, wie in dem Gedicht „Schusszone“, wo die traurige Geschichte der Mauer und das Trauma ihrer Präsenz und Bedrohung durch den Widerstand der Pflanzen oder der Tiere erzählt wird, die sich durch die Barrieren schleichen und Lücken schaffen.
Als Geologen der Sprache erkunden Seeger und Reißer die Mondlandschaft eines Berlins, das sich zwischen Noch-nicht und Nicht-mehr aufspannt, und fangen die Spuren in den peristaltischen Schüben auf, die sich aufbauen und definieren. Es sind Gedichte des Werdens, des Unterwegsseins, in denen die poetische Sprache in geologischen Worten ausstirbt und in archaischen Lemmata und Neologismen wiederkehrt.
(…) Wissenschaft, Architektur, Poesie, Grafik dialogisieren in einem Werden, einem Gesamtkunstwerk, um unsere Kontingenz jetzt sehen zu lernen und Zukunftsszenarien des Lebens auf der Erde zu eröffnen.“
Der komplette italienische Originalartikel und die Gedichtübersetzungen sind hier zu finden:
Buchvorstellung geHÄUSe am 12.12.
Am Donnerstag, 12.12., fand die offizielle Vorstellung des lyrisch grafischen Buchs „geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ von Ursula Seeger und mir in der Lettrétage in Berlin-Mitte statt.

Das Buch beschäftigt sich mit menschlichen und nichtmenschlichen Architekturen und deren Verflechtung, von frühzeitlichen Privatsphären bis hin zu myzelartigen Zukunftslandschaften. Dabei wird in zwölf Kapiteln zugleich eine besondere Geschichte Berlins und des Bauens erzählt.



Am 12. Dezember haben wir Teile aus unserem Buch zweistimmig gelesen und Bilder daraus gezeigt. Zudem haben wir mit unseren Verlegern Christian Vater und Thomas Vömel über das Verhältnis von menschlichen und nichtmenschlichen Bauten, über den poetischen Umgang mit den Sprachen der Biologie, Geologie und Architektur sowie über die Zukunft unserer Städte gesprochen.



Weiteres zur Veranstaltung unter https://www.lettretage.de/programm/aktuelles-programm/?event_id1=22236
Am Ende der Kette – EuroTier 2024
Nein, hier findet sich niemand am Ende der Kette, zwischen Zucht und Steuerung, Impfung und Medikation. Hier wird sauber selektiert, verpaart für Mast und Legesektion, millionenfach, Tag für Tag.
Hier sprechen wir nicht von Tieren, wir sprechen von Produktion. Hier dürfen wir wirtschaftliche Faktoren nicht aus den Augen verlieren. Da bleibt wenig Raum.
Hier wird für Hygiene gesorgt, Überwachung setzt Maßstäbe. Gewisse Deformationen lassen sich nicht vermeiden.
Letzte Woche war ich mit Nikita Teryoshin auf der EuroTier in Hannover, wie auch schon vor zehn Jahren einmal. Die Welt der industriellen Nutztierhaltung ist seither nicht freundlicher geworden, auch wenn sie ihre Praktiken nun öfter hinter Begriffen wie „Tierwohl“ versteckt.
















Ausstellung „Augmented Realities in the Anthropocene“
Ursula Seeger und ich beteiligen uns an der Ausstellung Augmented Realities in the Anthropocene – eine künstlerische Forschung, die von 1. bis 24. November im Verein Berliner Künstler am Schöneberger Ufer 57 in 10785 Berlin gezeigt wird. Dabei präsentieren wir Grafiken, Drucke und Textkonstellationen aus unserem lyrisch-grafischen Band geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds.


Am 1. November fand die Vernissage statt.
Die Ausstellung ist Mittwoch bis Sonntag von 15:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.


Am Sa 9. November werde ich mit dem Vortrag Shells and Loops – on human and more than human architecture an einem Symposium mit deutschen und norwegischen Künstler*innen und Wissenschaftler*innen teilnehmen. Das detaillierte Programm des Symposiums unter https://vbk-art.de/wp-content/uploads/2024/11/Symposium-program-Ver6-002.pdf
Am Montag, den 18. November werden Ursula Seeger und ich um 19:30 Uhr unser Buch vorstellen und draus lesen.
Die Finissage mit Künstlergespräch findet am 24. November ab 15:00 Uhr statt.
In der Ausstellung sind des Weiteren noch Arbeiten von Matthias Leeck, Silke Bartsch, Sabine Schneider, Wendy-Ann Mansilla und Elken Foyn Brunn zu sehen.
Konzept & Projektleitung: Matthias Leeck
Kuratorium: Prof. Andrew Perkis (NTNU Trondheim), Wendy Ann Mansilla(PhD), Silke Bartsch, Matthias Leeck
Wir freuen uns sehr bei der Ausstellung dabei zu sein, vielen Dank an alle Organisator*innen!
Mehr Informationen unter https://vbk-art.de/augmented-reality-2/

Buchpräsentation und Festival Visuelle Poesie
Am 26.9. haben Ursula Seeger und ich unser frisch erschienes Buch „geHÄUSe. Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“ in der Brotfabrik in Berlin-Weißensee im Rahmen der Veranstaltung „Wildnis und Gehege“ mit unserer Nature Writing-Gruppe dns [die_natur.schreibt] präsentiert.

Mit Beiträgen aus unserem Buch nahmen wir dann auch an dem von 27.9. bis 18.10.2024 stattfindenden KOOK-Festival „Das lässt sich sehen – zeitgenössische Positionen der visuellen Poesie“ in der Galerie Spor Klübü in Berlin-Wedding teil, kuratiert von Erec Schumacher und Kathrin Bach. Dabei wurden 12 spannende Positionen präsentiert.



Am 15.10. lasen wir dort Teile aus unserem Buch und sprachen darüber mit Kathrin Bach, siehe https://kookverein.de/wp-content/uploads/2024/10/080_KOOK-Festival_visuelle-Poesie_151024_l_%C2%A9Andrea-Vollmer-9211.jpg
Zu der Ausstellung erschien auch ein schöner Katalog, herausgegeben von Erec Schumacher, erschienen bei etcetera press berlin:



Es ist da: „Gehäuse – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds“
Es ist in Berlin angekommen! Ganz frisch aus der Druckerei: der lyrisch-grafische Band geHÄUSe – Zwölf Schleifen zwischen Zellen und Clouds , an dem Ursula Seeger und ich nun vor fast fünf Jahren zu Arbeiten begonnen haben. Sehr schön ist der Band geworden, und dabei gar nicht so dünn mit seinen 256 Seiten.
Am Donnerstag, 26.09.2024 um 19:40 Uhr stellen wir ihn bei der Lesung „Wildnis & Gehege – musikalische der Nature-Writing-Gruppe dns [die_natur.schreibt]“ in der Brotfabrik in Berlin-Weißensee vor. Dort kann das Buch dann auch schon gekauft werden.
Am Freitag, 27.09.2024 abend dann ist die Eröffnung der Ausstellung „Das lässt sich sehen – zeitgenössische Positionen der visuellen Poesie“ von Kook Read in der Galerie Spor Klübü in Berlin-Wedding, in der wir auch vertreten sind und wo wir das Buch dann im Rahmen einer Veranstaltung am Dienstag, den 15. Oktober ab 19:00 Uhr vorstellen werden.
Es folgen weitere Termine (siehe Veranstaltungen), so auch die offizielle Buchpremiere am Donnerstag, den 12. Dezember, um 20:00 Uhr in der Lettretage in Berlin-Mitte.














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