In Feindesland auf treuer Wacht, nebst Uracher Wurstniederlage
Im Ersten Weltkrieg wurde nicht nur Munition in unverstellbarer Menge verpulvert. Ebenso wurden in schwindelerregendem Ausmaß lyrische Verse verfeuert. Eine poetische Totalmobilmachung schien das Gebot der Stunde.
In welch prosaischem Umfeld poetische Ergüsse für das Vaterland jedoch gelegentlich stattfanden, zeigt die Esslinger Zeitung vom 22. Dezember 1914, wo der Dank an die Heimat nur unweit von der Uracher Wurstniederlage liegt.
In folgendem Auszug aus der Esslinger Zeitung vom 29. Oktober 1914 stehen Gedenkverse für einen, der „getroffen sank im Kampf fürs Vaterland“ dagegen unmittelbar neben Anzeigen für Trauerkleider, für Mittelchen zum (Nach)Färben von Trauerkleidern und Liebesgaben an die Front. Wirtschaft, Gesellschaft und Kulturleben stellen sich rasch auf die neuen Realitäten des Krieges ein.
Bis man den Krieg in seiner ganzen Tragik und Tragweite begriff, dauerte es dagegen wesentlich länger, wie die Lyrikperformance „KATASTROPHEN/FORMEN – Der Erste Weltkrieg in 9 lyrischen Bildern“, die ich am Samstag, den 4. Februar, um 19 Uhr gemeinsam mit vier PerformerInnen im Esslinger Central Theater (einem Jugendstilkino, eröffnet 1913) zeigen werde. Mit über dreißig Gedichten aus vierzehn Ländern wird ein dramatischer Bogen gespannt, der das Umschlagen anfänglicher Kriegsbegeisterung in den Schock über die Gräuel des technisch-industriellen Massenkrieges nachzeichnet. Zudem werden Xaver Römer und Julia Trompeter in dem Sprechduett-Zyklus „KLING SICHTEN“ das Nachwirken des Ersten Weltkriegs auf Sprach- und Lebenswirklichkeiten nachfolgender Generationen beleuchten.
Weitere Infos sowie Kartenreservierung unter http://www.esslingen.de/site/Esslingen-Internet-2016/node/1072604/Lde/zmdetail_523097448051/index.html?nodeID=523097448051